„Eine Spur weniger, es wummert noch ein bisschen zu sehr“, sagt Rainer Zips. Die jungen Bläser wissen genau, was er meint, und spielen noch einmal das kleine Stück. Das Konzept der in Thüringen bislang einmaligen Instrumentalklasse ist an der Grundschule Fambach voll aufgegangen.
FAMBACH – Mit Theorie werden die Kinder nicht zugetextet. Trotzdem wissen sie genau, was sie zu tun haben. Die Methodik fasziniert sogar langjährig erfahrene Pädagogen wie Ulla Roth, die von der Schule aus intensiv das Projekt und somit auch die Proben begleitet und unterstützt. Auch für sie war es Neuland. „Vermittlungstechnik und Herangehensweise der Musiklehrer sind erstaunlich“, sagt sie. Die Kinder machen Fortschritte, die Freude über den Zusammenklang der Instrumente sei längst zu vernehmen. „Und Spaß macht es auch.“
Das muss wohl stimmen, denn nach der Probephase im ersten Halbjahr wurde nun ein erstes Fazit gezogen. Von den 30 Kindern, die diese Art Gemeinschaftsunterricht mit Schuljahresbeginn aufgenommen hatten, sind nur zwei abgesprungen. Alle anderen wollen weiter gemeinsam musizieren – 14 Streicher und ebenso viele Bläser. „Tiefe Töne zu spielen macht mir am meisten Spaß“, hat ein Kind – nach den ersten Eindrücken befragt – zu Papier gebracht. Den Lehrern wird bescheinigt, „geduldig und nett“ zu sein. Für Ulla Roth ist ein weiteres Detail ein Beleg für die Freude an der Musik. Kein Kind habe jemals vergessen, sein Instrument mitzubringen.
Die Musik ist den Mädchen und Jungen und auch den Eltern inzwischen wichtig geworden. Johannes Eberlein, Leiter der Musikschule Schmalkalden, weiß, dass sich einige Kinder sogar noch über die Schule hinaus zu Hause treffen und üben. „Das geht nur mit der Hilfe der Eltern, denn die Kinder müssen meistens gefahren werden“, sagt er und weiß, wie wichtig die Väter und Mütter für dieses Projekt sind. Er ist an diesem Tag an die Grundschule nach Fambach gekommen, denn die Streicher wollen mit dem Klavier begleitet werden.
Eltern ziehen mit
Noch sind die Stücke, die die Kinder spielen, nicht lang. Aber das Zusammenspiel von Klavier, Geige und Cello vermittelt den Kindern bereits das Gefühl, ein Teil des großen Ganzen zu sein – wie in einem richtigen Orchester. Olaf Wald erläutert mit einfachen Worten, worauf es ankommt. Er sagt an, was gemacht wird und Susanne Bleck geht von Kind zu Kind und korrigiert, gibt Ratschläge. Die Musiklehrer wissen, was sie gemacht haben, wenn die Stunde zu Ende ist. 14 Mädchen und Jungen von der 1. bis zur 4. Klasse im Verband ein Instrument beizubringen, ist Schwerstarbeit. Doch von der Schwere spüren die Kinder kaum etwas. Es wird gelacht, gelobt – und wenn korrigiert werden muss, dann hört sich selbst das nicht so an, als sei zuvor etwas falsch gemacht worden.
Für Christina Hildebrandt, die Fambacher Schulleiterin, hat das Projekt einen ganz wichtigen sozialen Aspekt. „Kinder, die ansonsten Probleme haben, sind hier mit viel Eifer dabei. Sie sind hochmotiviert und das wirkt sich auf die ganze Persönlichkeit positiv aus“, sagt sie. Verhaltensauffälligkeiten sind so mitunter für Momente ausgeblendet. Das Projekt sei ein Gewinn auf der ganzen Linie – vor allem natürlich für die Kinder. Eltern fragen an, ob ihre Kinder noch einsteigen könnten.
Das allerdings wird nicht möglich sein. Fakt ist aber, dass man das Projekt nach zwei Jahren „nicht ins Leere laufen lassen darf“, sagt Johannes Eberlein. Schon jetzt gibt es Gedanken für eine Fortsetzung – und noch mehr. Neben der Instrumentalklasse soll es künftig unter Regie der Musikschule Schmalkalden auch Klavierunterricht in Fambach geben.
Andere Musikschulen in Suhl und Ilmenau interessieren sich zudem für das Fambacher Modell. Im Landkreis gibt es Interesse aus Steinbach-Hallenberg. Am 28. April wird es hier einen Schnuppertag geben. Ist das Interesse dort ebenso groß wie im Werratal, könnte es eine Fortsetzung im Haselgrund geben.
Erstes Konzert im Mai
Und schon stehen die ersten öffentlichen Auftritte der Streicher und Bläser an. Am 13. Mai werden sie im großen Frühlingskonzert der Musikschule in Breitungen ihr Debüt geben. Erfreuen wollen sie dann all jene, die von Anfang an daran geglaubt haben, dass das Unterfangen gelingt. Dann werden sicher auch die Famberg-Musikanten zu den Zuhörern gehören, denn sie waren es, die den Stein ins Rollen brachten.
Susanne Reum und Torsten Storandt hatten ein solches Modell für Fambach ins Spiel gebracht und in der Musikschule Schmalkalden sowie der Grundschule der Werratalgemeinde sofort Verbündete gefunden. Die Reihe der Partner wuchs, je weiter man das Vorhaben vorantrieb.
Auch auf die Gemeinden Fambach und Breitungen kann man bauen. Ein Förderverein wurde gegründet, der auch heute noch für jede Unterstützung im Interesse der Kinder dankbar ist. Das Modellprojekt muss fortgeführt werden – darin sind sich alle einig. (ana)