Wirtschaftsunternehmen Schule?

Wirtschaftsunternehmen Schule?

VON BARBARA BUCHHOLZ, 28.08.07, 20:15h, AKTUALISIERT 28.08.07, 20:38h
Bild: dpa
Bei der Anmeldung eines Kindes verlangt die Privatschule Einkommensnachweise der Eltern.

Dreizehn Jungs und Mädchen wuseln im Hopserlauf durchs Klassenzimmer. Die Drittklässler lernen soeben am eigenen Leib die Bedeutung des englischen Verbs „to skip“ kennen - hopsen. Als alle wieder ordentlich an ihrem Platz sitzen, schreibt Englisch-Lehrerin Petra Götzen mit einem Spezialstift Vokabeln an eine multimediale Tafel, auf die Bilder von einem Laptopbildschirm projiziert werden. „Please copy the words“, sagt Götzen und wiederholt: „Schreibt die Wörter ab.“

Unterrichtsalltag in der neuen Kölner Phorms-Schule, einer Grundschule, die die Bezirksregierung Köln Anfang August als staatlich anerkannte Ersatzschule genehmigt hat. Ausschlaggebend dafür war die bilinguale Ausrichtung der Grundschule in Trägerschaft der Phorms NRW GmbH: Der Unterricht findet hier auf Deutsch und Englisch statt, die Kinder lernen die fremde Sprache ähnlich wie ihre eigene. Bei Phorms handelt es sich wegen seiner wirtschaftlichen Ausrichtung um ein in Deutschland neues Modell der Privatschule. Dahinter steht die Berliner Phorms Management AG, die neben dem Pilotprojekt in der Hauptstadt auch in München und Frankfurt solche Schulen betreibt.

Ob die Kölner Phorms-Schule zu Recht mit Landesmitteln gefördert wird, klärt die Bezirksregierung Köln allerdings derzeit. Strittig ist das Verfahren der Schule, bei der Anmeldung eines Kindes Einkommensnachweise der Eltern zu verlangen, um den Elternbeitrag zu errechnen. Dies, so eine Sprecherin des Schulministeriums in Düsseldorf, sei nur zulässig, wenn es sich um freiwillige Beiträge zu einem Förderverein handele. „Schulgeld dürfen wir nicht nehmen“, bestätigt die Kölner Phorms-Sprecherin Britta Ebel. Als freiwillige Leistung sind die Zahlungen auf der Internetseite der Schule aber nicht deklariert. Von 250 bis 950 Euro reicht die Spanne, je nach Einkommen. In Berlin, wo die Beiträge von 222 bis 670 Euro variieren, gibt es wie auch in München und Frankfurt auf der Internetseite Kostenaufstellungen und Beitragsrechner. Berliner Eltern mit einem Bruttojahreseinkommen von 40 000 Euro müssen demnach einen Beitrag von gut 380 Euro monatlich berappen.

Wer die Kölner Beiträge nicht zahlen kann, muss laut Schulgesetz trotzdem aufgenommen werden, denn aus finanziellen Gründen dürfen Ersatzschulen kein Kind abweisen. „Wir suchen dann mit den Eltern zusammen eine Lösung“, so Schulsprecherin Britta Ebel. Die im Aufbau befindliche Schule bemühe sich auch um Stipendien von privaten Förderern und Unternehmen. Einige wenige habe man schon vergeben können.

Eine Auswahl musste Phorms Köln bislang nicht treffen, die Klassen sind noch nicht ganz ausgelastet. Solch eine Auswahl ist das Recht jeder Privatschule und ihr Vorteil gegenüber staatlichen Bildungsanstalten. Allerdings darf sie laut Schulgesetz nicht danach getroffen werden, wie viel Geld eine Familie hat. Phorms wünscht nach eigenen Angaben eine Schülerschaft, in der nicht nur ein Gleichgewicht der Nationen sowie von Jungen und Mädchen gegeben ist, sondern auch ein ausgewogenes Verhältnis von Kindern aus vermögenden und weniger vermögenden Elternhäusern.

Derzeit, erklärt Britta Ebel, zahlen die meisten Phorms-Eltern Beiträge im mittleren Bereich, was um die 400 Euro im Monat sein dürften. Dazu kommen 70 Euro Essensgeld im Monat sowie eine einmalige Aufnahmegebühr von 500 Euro.

Geld, das etliche Eltern zu zahlen bereit sind, weil sie das Konzept der Schule überzeugt. Sven Baars zum Beispiel und seine niederländische Frau legen Wert auf die mehrsprachige Erziehung ihrer achtjährigen Tochter. „In München, wo wir vorher wohnten, kam Sara in die Europaschule“, sagt der 42-jährige Produktmanager. Nach dem Umzug ins Rheinland besuchte Sara zunächst eine öffentliche Grundschule. „Aber da“, so der Vater, „hat sie sich gelangweilt.“

Die individuelle Förderung der Kinder wird bei Phorms groß geschrieben. Zu gewährleisten ist dies, weil die Schule maximal 20 Schüler pro Klasse vorsieht und überdies jeder Klassenlehrerin eine Assistentin zur Seite steht. „Traumhafte Verhältnisse“, nennt Iris Helm das, Lehrerin für Deutsch und Musik. Sie hat zuvor an einer staatlichen Grundschule unterrichtet: „Da war ich oft frustriert, weil ich 30 Kindern nicht gerecht werden konnte.“

Gegen acht Uhr morgens trudeln die Jungen und Mädchen in dem Schulgebäude im Technologiepark in Brauns-feld ein. Um 18 Uhr werden sie wieder abgeholt. Dazwischen liegen eine „Assembly“ genannte Morgenversammlung, Unterricht von 9 bis 16 Uhr, Mittagessen sowie Freizeitprogramm. Solch eine Ganztagsbetreuung bietet kaum eine öffentliche Schule. „So etwas in Köln zu finden, war schwierig“, sagt Astrid Lemmer, die als selbständige Versicherungsagentin arbeitet. Ihr gefällt außerdem, wie familiär und engagiert es bei Phorms zugeht.

Ein besonders gutes Betriebsklima, eine Art Zusammengehörigkeitsgefühl gehört zu den Faktoren, die private Schulen für viele Eltern attraktiver als öffentliche machen. Ebenso eine oftmals bessere Betreuung oder spezielle Arten der Förderung. Der Trend zur Privatschule zahlt sich wohl auch für das Unternehmen Phorms aus: Weitere Ableger in Hamburg und Hannover sind geplant, die Grundschulen sollen später zu Gymnasien ausgeweitet werden.