Das letzte Wochenende war arbeitsintensiver für den #Bundeselternrat. Die Ausschüsse der Grund-, Berufs- und Gesamt-/Gemeinschaftsschulen haben sich dem Gelingen von Bildungsübergängen gewidmet. Dabei standen die Übergänge von frühkindlicher zu schulischer und beruflicher sowie universitärer Bildung im Fokus von wissenschaftlichen Vorträgen und Best-Practice-Beispielen. Gemeinsam wurde eine Resolution erarbeitet.
Resolution:
Jahresthema 2019: Eltern im Bildungssystem – was sagt die Wissenschaft? Fachtagung der Ausschüsse „Grundschule und frühkindliche Bildung“, „Gesamt- und Gemeinschaftsschule“ und „Berufsbildende Schule“
29.-31.03.2019
„Bildung von Anfang an zu Ende denken“
Auf der Fachtagung des Bundeselternrats in Potsdam vom 29. bis zum 31.03.2019 haben wir Delegierte im Rahmen des Themas „Die Übergänge im Bildungssystem“ zwei Leuchtturmprojekte kennengelernt, die aus unserer Sicht nachahmenswert sind:
Das Bildungshaus Lurup in Hamburg und die Kooperative Gesamtschule Schneverdingen.
In Lurup ist ein durchgängiger Bildungsansatz von Krippe bis Grundschule unter umfassender Einbeziehung der Familien geschaffen worden. An der KGS Schneverdingen wurden für alle Bildungszweige Wege entwickelt, die Schüler*innen das Ausprobieren verschiedener Berufsbilder ermöglichen, damit sie eigenständige Entscheidungen für ihre berufliche Zukunft treffen können.
Diese Projekte zeigen, dass es Beispiele gibt, die einen sehr gut gelungenen und verzahnten Übergang zwischen den verschiedenen Institutionen und Ressorts im und jenseits des Bildungswesens darstellen. Im Allgemeinen sehen wir jedoch schwerwiegende Brüche bei diesen Übergängen, die sich negativ auf den Bildungserfolg der Schüler auswirken. Um kontinuierliche Bildungsverläufe zu gewährleisten, müssen die unterschiedlichen Einrichtungen vor Ort besser kooperieren. Hierbei ist Vertrauen zwischen den beteiligten Personen aufzubauen und zu erhalten.
„Nicht nur das Kind muss fit für die Schule sein, sondern auch die Schule für das Kind.“
Studien zeigen, dass Bildungsübergänge in Deutschland in hohem Maße vom sozialen Status und vom Bildungsgrad des Elternhauses abhängen, auch weil sich die Lehrkräfte oft bei ihren Empfehlungen durch diese Faktoren beeinflussen lassen. Kinder lernen nicht alle im gleichen Tempo. Sie haben ein Recht auf individuelle Entwicklung. Durch positive Lernerfahrungen der Kinder können bestehende Unterschiede bei kognitiven Fähigkeiten oder der sozialen Herkunft ausgeglichen werden.
Der Übergang von vorschulischer Bildung zur Grundschule wird in Deutschland seit dem entsprechenden Beschluss der Kultusministerkonferenz vom 24.10.1997 aufmerksam verfolgt, die Ausgestaltung bedarf jedoch einer Weiterentwicklung. Bei den weiteren Übergängen stellen wir fest, dass diese noch weit mehr in den Fokus gerückt werden müssen. Hierbei ist auch den besonderen Förderbedarfen innerhalb des inklusiven Schulsystems Rechnung zu tragen.
Bestehende Kooperationen laufen dort gut, wo mit großem persönlichem Engagement die gesetzlichen Vorgaben kreativ umgesetzt werden und die notwendige Ausstattung zur Verfügung steht. Wo die gesetzlichen Grundlagen noch nicht gegeben sind, fehlt es oft an politischem Mut, innovative Konzepte und Ideen an Schulen zu fördern und organisatorisch abzusichern.
Wir fordern daher:
Die Lehrkräfte müssen sich eigenverantwortlich weiterbilden und konsequent weitergebildet werden, damit sie in die Lage versetzt werden, den Kindern mit ihren vielfältigen Charaktereigenschaften gerecht zu werden und diese ohne Ansehen des sozialen Hintergrunds und der Berufe des Elternhauses durch entsprechende Förderung und Forderung zu ihrem bestmöglich erreichbaren Schulabschluss zu führen. Hierfür müssen Weiterbildungskonzepte erarbeitet werden und ausreichende Ressourcen bereitgestellt werden.
Kinder brauchen Aufgaben, an denen sie wachsen und ihre Stärken einsetzen können, nicht Aufgaben, an denen sie scheitern. Besondere Aufmerksamkeit ist dabei der Steigerung des Selbstvertrauens und der Wirksamkeit des eigenen Handelns zu widmen. Dies ist eine verantwortungsvolle Aufgabe, die von Schulen und Eltern zu tragen ist.
Wir fordern die individuellen Bedürfnisse der Kinder bei der Organisation der Bildungsübergänge ernst zu nehmen. Das bedeutet eine engere Verzahnung und Kooperation aller an Schule Beteiligten über den gesamten Bildungsweg (Staffelstab-Prinzip). Auch alle anderen sozialen Institutionen müssen unabhängig von verschiedenen Trägerschaften und Zuständigkeiten in diesen Prozess eingebunden werden. Qualitativ hochwertige pädagogische und sonderpädagogische Betreuung in Form von multiprofessionellen Teams an allen – auch den berufsbildenden – Schulen erachten wir als zwingend notwendig. Dadurch können Brüche im Bildungsweg vermieden und der Lernerfolg entscheidend verbessert werden.
Um einen guten Start in das Schulleben zu gewährleisten, ist die Zusammenarbeit zwischen Eltern, Kita und Schule schon deutlich vor der Einschulung zu beginnen.
In der Folge ist mit gezielten Maßnahmen in Form eines Berufsorientierungskonzeptes durch
z. B. begleitete Praktika, Elternmitwirkung und Kooperationen mit Fachgremien die Berufs- und Studienorientierung stetig zu verbessern. Hierbei ist eine kontinuierliche Kooperation mit den Jobcentern/Universitäten/Hochschulen ein weiterer wichtiger Baustein für den Bildungserfolg der Schüler. Auch der letzte Übergang in die Ausbildung sollte über das Schulende hinaus durch die Schulen begleitet werden dürfen.
Rahmenbedingungen für Kooperationen müssen verlässlich und transparent geregelt werden. Dazu bedarf es genügender finanzieller, räumlicher und personeller Ausstattung, damit Übergänge für alle systematisch gelingen. Wir fordern Mut, Weitsicht und Bereitschaft der handelnden Verantwortlichen, neu entwickelte Konzepte – z. B. durch Schulversuche – zu unterstützen und voranzutreiben.
Eltern wollen als Bildungspartner ernst- und angenommen werden. Dies ist durch eine engere Zusammenarbeit und größeres Engagement aller an Schule Beteiligten möglich. Wir fordern von uns als Elternschaft alle Möglichkeiten der Mitbestimmung und Zusammenarbeit vertrauensvoll und verbindlich auszuschöpfen und wahrzunehmen. Eltern müssen durch qualifizierte, strukturierte Beratungsgespräche (etwa nach dem SMART*Prinzip) in die Lage versetzt werden, Entscheidungen für die Schullaufbahn im Sinne ihrer Kinder zu treffen.
„Wo kämen wir hin, wenn alle sagten, wo kämen wir hin und niemand ginge, um einmal zu schauen, wohin man käme, wenn man ginge.“
Johann Heinrich Pestalozzi
*SpezifischMessbarAttraktivRealistischTerminiert
Die Resolution wurde am 31.03.2019 in Potsdam im Rahmen der 1. Fachtagung von den Delegierten des Bundeselternrats einstimmig verabschiedet.