Schulamtsreform

„Reformeifer“ oder das Unwort des Jahres

Nach der Novellierung des Thüringer Schulgesetzes vom 20.12.2010 und der daraus folgenden Neugestaltung der Thüringer Schulordnung mit Wirkung vom 07.07.2011 erwartet die an Schule Beteiligten in Thüringen nun die nächste Neuordnung innerhalb von nur 12 Monaten, die Reform der Thüringer Schulämter.

Die 17 Landkreise und 6 kreisfreien Städte im Freistaat Thüringen wurden bisher von 11 staatlichen Schulämtern betreut, deren Aufgabe es war, das Netzwerk zwischen Lehrkräften, Eltern und Schülern zu fördern und zu stützen. Die Kreiselternvertretungen haben diese Arbeit als wichtiges Mitwirkungsgremium dieser Schulämter aktiv unterstützt.

Nun sollen nach den Plänen des Thüringer Ministeriums für Bildung, Wissenschaft und Kultur diese 11 Schulämter ab 2012 auf 5 Standorte reduziert werden. „(…)Alleine die Personalkosten könnten durch die Reform um 4,4 Millionen Euro pro Jahr gesenkt werden(…)“, sagte Minister Matschie der Thüringer Landeselternvertretung. Damit ist die Reduzierung der derzeit 283 Stellen auf nunmehr 227 gemeint. Die LEV Thüringen befürchtet, dass auf diese Weise nicht nur die Betreuung der Schulen durch die Referenten, Schulpsychologen, Hort- und Sportkoordinatoren an Qualität einbüßt, sondern auch die Mitwirkung der Elternvertretungen vor Ort untergraben wird. Die weiteren Fahrwege und die Verdopplung der Schulanzahl pro Referent werden dazu führen, dass Lehrer, Schüler und Eltern kaum noch das persönliche Gespräch mit dem für sie zuständigen staatlichen Schulamt suchen werden bzw. aus finanzieller Sicht ermöglichen können.

Deshalb hat die Landeselternvertretung in den letzten Wochen das Gespräch mit den politischen und gesellschaftlichen Institutionen des Landes gesucht. Die Standpunkte waren klar und doch sehr unterschiedlich. Die Aussagen reichten von eher hemmend für die Umsetzung von Vorschriften, über die Abschaffung aller Schulämter hin zu mehr Eigenverantwortlicher Schule bis zu dem Vorwurf, dass hier der zweite vor dem ersten Schritt getan wurde. Gemeint ist die seit Monaten diskutierte Gemeinde- und Kreisgebietsreform, die durchaus dazu führt, dass kommunale Schulträger zukünftig zwei Schulämtern untergeordnet sind, weil die Grenze zwischen den Schulamtsgebieten den Schulträgerkreis teilt. Einig waren sich alle Gesprächspartner jedoch in der Tatsache, dass mit 5 staatlichen Schulämtern keine ausreichende, fachlich qualifizierte Betreuung und Unterstützung der Schulen mehr möglich ist und dass keiner der Beteiligten in die Diskussion um die Anzahl und die Standorte der Schulämter mit einbezogen wurde. Gelebte Mitwirkung sieht für uns Eltern anders aus.

Es befremdet auch, wenn Herr Minister Matschie in der Presse von einer Halbierung der Schülerzahlen in den letzten 5 Jahren spricht (tlz 22.03.2011), wo es doch lediglich 15% weniger Schüler geworden sind, was sicher den geburtenschwachen Jahrgängen aus den 90er Jahren anzulasten ist. Statistiken, Prognosen und aktuelle Anmeldungen an den Thüringer Schulen belegen jedoch, dass die Schülerzahlen in den nächsten Jahren steigen werden. Dazu kommt der Mangel an Lehrkräften in den Fremdsprachen und MINT-Fächern, der jetzt schon in den Thüringer Ballungszentren zu Unterrichtsausfall führt. Insofern ist die Reduzierung der Schulämter, und damit eine weitere Verschlechterung von Schulqualität, erst recht nicht nachvollziehbar.

Reformen kosten in der Umsetzungsphase mehr Geld und ob am Ende die Einsparung tatsächlich eintritt, wie am Beispiel der Liegenschaften proklamiert, die ja „zentral“ in jedem Schulamtsgebiet liegen sollen, bleibt abzuwarten und darf bezweifelt werden. Wie sonst erklären sich die 38 neuen Stellen im Haushaltsplan des TMBWK, von denen 35 Beamtenposten sind? Hier wird auf Kosten der an Schule Beteiligten gespart.

Das ist der falsche Weg, um die Leitlinien der neuen Thüringer Schulordnung für jeden Schüler individuell umsetzen zu können.

Pressesprecherin der LEV

Peggy Katzer